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IranWire Exklusiv: Corona-Politik – Die Mehrheit der Iraner:innen misstraut der Regierung

Oktober 18, 2020
5 Minuten Lesezeit
Ein Viertel der Iraner hat „völliges Misstrauen“ in die Regierung, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Ein Viertel der Iraner hat „völliges Misstrauen“ in die Regierung, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Menschen in ländlichen Gebieten und ohne Hochschulabschluss vertrauten eher dem Staat und der IRIB - aber die Mehrheit ist nicht überzeugt.
Menschen in ländlichen Gebieten und ohne Hochschulabschluss vertrauten eher dem Staat und der IRIB - aber die Mehrheit ist nicht überzeugt.

Eine für IranWire durchgeführte, unabhängige Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der iranischen Bevölkerung wenig Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung hat, die Coronavirus-Pandemie einzudämmen.

Die repräsentative Umfrage wurde im Auftrag von IranWirevon Stasis Consulting landesweit zwischen dem 22. und 28. Oktober 2020 durchgeführt, umfasst Telefoninterviews  - anhand einer Zufallsstichprobe erzielt - von 1,297 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 18 Jahren und älter.

Das Ergebnis: Rund ein Viertel der Bevölkerung hat demnach „völliges Misstrauen“ in die Fähigkeit der Regierung, wirksame Präventionsmaßnahmen gegen das Coronavirus zu beschließen und bei 50 Prozent der Befragten ist das Vertrauen nur teilweise vorhanden.

 

Generell sind fast 50 Prozent der Befragten mit dem bisherigen Umgang der Regierung mit dem Coronavirus unzufrieden, während sich mehr als 70 Prozent der Menschen im Iran für einen vollständigen Lockdown aussprechen.

Die Umfrage deutet weiterhin darauf hin, dass sich Iranerinnen und Iraner mit der Berichterstattung über Covid-19 mehr beschäftigen als mit jedem anderen Thema bisher. Doch obwohl der staatliche Rundfunk der Islamischen Republik Iran (IRIB) nach wie vor die beliebteste Nachrichtenquelle ist, traut die überwiegende Mehrheit - knapp 70 Prozent - der Berichterstattung der IRIB nicht völlig und 75 Prozent zweifeln die offiziellen Zahlen der Coronavirus-Infektionen- und Todesfälle im Land an.

Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die IranWire vorgelegt wurden. Der vollständige Datensatz kann hier eingesehen werden.

 

Rekordzahl an Nachrichtenverfolgung und weitverbreitete Missbilligung

Die Medienberichterstattung über Covid-19 war seit Beginn nur schwer zu vermeiden.

Doch dieser Umfrage zufolge ist das Thema Nummer eins für iranische Leserinnen und Leser.  Noch nie zuvor haben so viele Menschen tagesaktuelle Nachrichten über den staatlichen Rundfunk oder über das Internet und die sozialen Medien verfolgt.

Etwa 47 Prozent aller Befragten sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten gaben an, dass sie die Berichterstattung über Covid-19 oft oder sehr oft“ verfolgen, während sich weitere 27 Prozent eher ab und an über aktuelle Entwicklungen zum Coronavirus informieren.

Arash Ghafouri, Leiter des Erhebungsteams bei Stasis Consulting, sagte gegenüber IranWire, dieses Maß an Engagement für ein bestimmtes Thema sei auffallend. „Solche Umfragen haben wir schon früher durchgeführt“,  so Ghafouri, „und im Allgemeinen sind diejenigen [Menschen], die die Nachrichten [im Iran] verfolgen, vor allem während der Wahlen bei etwas weniger als 50 Prozent.“

„Knapp 20 Prozent der Menschen verfolgen die Nachrichten in der Regel überhaupt nicht; sie hören vielleicht von Freunden oder der Familie von bestimmten Themen, aber ansonsten ist es ihnen egal,“ sagte Ghafouri.

Das stark angestiegene  Interesses an Nachrichten über Covid-19 könnte, laut Ghafouri, etwas mit der schieren Menge von Menschen im Iran zu tun haben, die inzwischen - zehn Monate nach dem offiziellen Ausbruch der Krankheit - persönlich von ihr betroffen sind. Etwa 56 Prozent der Befragten gaben an, dass entweder sie selbst oder ein enger Freund oder Verwandter dem Coronavirus zum Opfer gefallen seien.

Die Umfrage ergab auch, dass insgesamt 34 Prozent der Iraner:innen die bisherigen Schutzmaßnahmen der Regierung im Umgang mit der Pandemie „völlig missbilligen“. Weitere 14 Prozent sagten, dass sie sie „ein bisschen missbilligen“ und 31 Prozent sagten, dass sie nur „ein bisschen zustimmen“. Weniger als jeder Fünfte stand vollständig hinter den Methoden, mit denen die Regierung versucht hat, das Virus einzudämmen.

 

Städtische und gebildete Iraner:innen vertrauen der Regierung am wenigsten

Die Stasis-Umfrage zeigt auch Unterschiede in der öffentlichen Meinung über den iranischen Staat und die von ihm  kontrollierten Medien auf, je nachdem, wo die Menschen leben und welchen Bildungsstand sie haben. „Es gibt eine riesige Kluft“, bemerkt  Ghafouri, „zwischen den Antworten derer, die einen Universitätsabschluss haben, und denen, die keinen besitzen, und zwischen denen, die in städtischen oder ländlichen Gebieten leben. Menschen mit einem  Hochschulabschluss werden eher mit anderen Nachrichtenquellen konfrontiert als nur mit dem IRIB und sind  eher mit der Art und Weise, wie die Regierung mit dem  Problem umgeht, nicht einverstanden“.

Menschen, die in Städten und städtischen Gebieten leben, machen 75 Prozent der iranischen Bevölkerung aus. Dieser Umfrage zufolge nutzen inzwischen drei Viertel dieser Menschen das Internet und soziale Medien als primäre Quelle für Nachrichten über Covid-19 - und sogar 85 Prozent bei Iraner:innen mit höherer Bildung. Im Gegensatz dazu lesen nur 55 Prozent der Menschen in ländlichen Gebieten und 46 Prozent der Menschen ohne Hochschulabschluss regelmäßig Coronavirus-Nachrichten online, wobei beide Gruppen auch das IRIB viel regelmäßiger nutzen.

Auch das Vertrauen in die Regierung ist in ländlichen Gebieten viel höher: 30 Prozent der Befragten geben an, „volles“ Vertrauen in die  iranischen Behörden haben, um mit der Epidemie richtig umzugehen, verglichen mit 18 Prozent in städtischen Gebieten.  . Aber selbst dann geben weitere 65 Prozent der Menschen in ländlichen Gebieten und 70 Prozent der Menschen mit geringerer Bildung an, dass sie der Regierung „völlig“ misstrauen.

 

Über alle befragten Kategorien hinweg geben zwischen 63 und 84 Prozent der Iraner:innen an, dass sie den Zahlen über Infektions- und Todesfälle im Zusammenhang mit dem  Coronavirus, die in den täglichen Pressekonferenzen des Gesundheitsministeriums berichtet werden, nicht voll  vertrauen, wobei die über 60-Jährigen am ehesten Vertrauen in die berichteten Statistiken haben. „Es gab viele Widersprüche zwischen den Regierungsbehörden in dieser Frage“, sagte Ghafouri gegenüber IranWire, „wobei Quellen in der Regierung sagten, dass die Zahlen nicht wahr sind und jeden Tag  zwei-, drei-, viermal höher sein werden“.

 

Eine Mehrheit der Iraner:innen in allen Bereichen der Gesellschaft stimmt ebenfalls  zu, dass die Regierung Schulen, Regierungsbüros und öffentliche Einrichtungen schließen und das Land unter Quarantäne stellen sollte. Auf die Frage, ob sie lieber einen Impfstoff aus Europa, den USA, China oder Russland verwenden würden, falls ein solcher verfügbar würde, sind die meisten unsicher, aber die Mehrheit derer, die eine Präferenz hatten, sagt Europa.

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